Einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen und den eigenen Körper auf dem Weg dahin zu optimieren – das hat für viele, besonders junge Menschen, heutzutage einen hohen Stellenwert. Gerade weil auf Social Media Plattformen die Bedeutung des Aussehens immer wieder betont und oftmals der Eindruck vermittelt wird, dass Schönheit glücklich macht. Das aktuelle Schönheitsideal der westlichen Kultur sind sehr schlanke Frauen und muskulöse Männer. Wenn man nun den eigenen Körper mit den digital bearbeiteten Idealbildern in den verschiedenen Medien vergleicht, kann das zu einer völlig falschen Einschätzung des eigenen Körpers, zu einem verzerrten Körperbild führen – denn so „schön“ wie die digitalen Bilder können echte Menschen eben nicht sein. Dadurch kann das Selbstbild verletzt werden, genauso auch durch das soziale Umfeld wie z. B. durch negative, kränkende Erfahrungen in der Familie oder mit Freunden, abfällige Bemerkungen oder durch Mobbing. Natürlich haben die meisten Menschen ihre „Problemzonen“, und es gibt einen Teil des Körpers, mit dem man sich bislang vielleicht nicht anfreunden konnte. Dazu kommen noch die Tage, an denen man sich in seinem Körper mal nicht so wohlfühlt – das alles ist vollkommen normal.

Insbesondere während der Pubertät sind Viele mit ihrem Körper unzufrieden. Jugendliche befinden sich in einer Phase des Lebens, in der das Aussehen oft besonders wichtig ist und sie verstärkt sozialem Druck ausgesetzt sind. Das macht sie anfälliger für ein verzerrtes Körperbild.

Kreisen die Gedanken unentwegt um das Aussehen und die vermeintlichen „Makel“, muss man ständig in den Spiegel schauen, auch wenn man sich dabei schlecht fühlt, und schämt man sich für seine subjektiv empfundene (eingebildete) Unattraktivität, spricht man von einer Körperbildstörung, in der Wissenschaft auch Dysmorphophobie genannt. Es ist eine psychische Erkrankung, die das tägliche Leben beeinträchtigen und zu einer erheblichen emotionalen Belastung führen kann. Oft entwickeln sich daraus auch Angststörungen oder Depressionen. Viele Betroffene ziehen sich aus Angst abgelehnt zu werden, aus dem sozialen Leben zurück. Sie gehen nicht mehr zur Schule oder zur Arbeit, mehr als die Hälfte hat Suizidgedanken. Genaue Zahlen, wie viele Menschen eine Körperbildstörung haben, gibt es nicht, weil meist nicht offen darüber gesprochen wird. Man nimmt an, dass etwa 2 % der Bevölkerung davon betroffen sind. Bei Jugendlichen ist die Zahl aber viel höher, unterschiedliche Studien kommen auf Werte zwischen ca. 10 und 15 %.

Eine Variante dieser psychischen Störung ist die Muskeldysmorphobie, auch Muskelsucht oder Adonis-Komplex genannt. Sie betrifft überwiegend Männer. Erkrankte nehmen sich als zu schmal, zu klein oder zu wenig muskulös wahr. Dabei ist es ganz egal, ob und wie muskulös sie in Wirklichkeit sind. Um den wahrgenommenen „Makel“ zu verkleinern, halten sie meist mehr oder weniger zwanghaft einen strikten Trainings- und Ernährungsplan ein. Auch dadurch kann soziale Isolierung folgen, wenn neben dem exzessiven Sport kaum Zeit für soziale Kontakte bleibt – von den gesundheitlichen Risiken eines überzogenen Trainings ganz zu schweigen.

Während bei Männern öfter Muskelsucht eine Folge des negativen Körperbildes ist, leiden Frauen in der Folge häufiger unter Essstörungen. Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, fokussiert auf das Körpergewicht, führt dazu, dass das Thema „Essen“ zum zentralen Element des Lebens wird. Dabei muss es nicht immer nur darum gehen, möglichst wenig Kalorien zu sich zu nehmen. Bei der Orthorexia nervosa beispielsweise haben Betroffene das zwanghafte Bedürfnis, sich gesund zu ernähren. Sie legen rigoros Ernährungsregeln fest, die den Tagesablauf bestimmen, oder stehen stundenlang im Supermarkt, um Lebensmittel zu analysieren, bevor sie sie kaufen.

Körperbildstörungen wie auch die daraus folgenden Essstörungen (wie die Orthorexie, Bulimie oder Magersucht) oder auch zwanghafte Verhaltensauffälligkeiten wie Fitnesswahn sollten therapeutisch behandelt werden, und Außenstehende sollten die betroffenen Personen situationsbedingt unterstützen.

Psychologische Studien belegen, dass das mentale Körperbild unter anderem stark vom eigenen Selbstwertgefühl abhängt – und umgekehrt. Einfacher gesagt: Je positiver das Selbstwertgefühl ist, desto positiver wird auch der eigene Körper wahrgenommen. Und eine gesunde Körperwahrnehmung tut dem Selbstwert gut.

Um gar nicht erst in den Sog der überzogenen Körperideale zu kommen, ist es hilfreich, einen aufgeklärten Umgang mit Social Media zu lernen und sich kritisch mit den Botschaften auseinanderzusetzen, die sie über das körperliche Erscheinungsbild von Menschen verbreiten (siehe auch Einfluss von Social Media auf das Essverhalten).

Das ist inzwischen auch in Social Media angekommen: Seit einiger Zeit gibt es z. B. auf Instagram eine Bewegung, in der sich Blogger*innen dafür einsetzen, dass unrealistische und diskriminierende Schönheitsideale abgeschafft werden: Unter #bodypositivity finden sich im Mai 2023 mehr als 18 Millionen Beiträge, die sich der Körperakzeptanz und der Selbstliebe widmen.

Wer mehr Unterstützung braucht, sollte sich an einen Arzt oder Therapeuten wenden. Und auch auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung finden Betroffene und Angehörige Hilfestellung und Beratungsangebote bei Essstörungen: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

 

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern des Beruflichen Gymnasiums an der BBS2 Hannover entstanden. Wir danken Thomas für seine Ideen.